Ich erwähne ja immer wieder, dass Stress eine hormonelle Reaktion ist. Stress ist der größte Störfaktor, vor allem für das weibliche Hormonsystem.
Aber was passiert nun eigentlich, wenn wir im Dauerstress sind: Flucht und Kampf – oder auch unser moderner Stress:
Entlang unserer Wirbelsäule verlaufen zwei Nervenstränge, die für viele Kommunikationsabläufe im Körper verantwortlich sind:
der Sympathikus und der Parasympathikus.
Sind wir im Stress dann aktiviert der Sympathikus das Nebennierenmark, welches innerhalb von Sekunden die Neurotransmitter (Botenstoffe) Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet. Bereits nach einer kurzen Stressphase übernimmt aber das Stresshormon Cortisol das Ruder.
Und Cortisol wird aus dem selben Ausgangsstoff hergestellt, wir unsere Sexualhormone. Kommt der Körper mit der Cortisolproduktion nicht mehr nach, bedient er sich also an den Sexualhormonen, überwiegend am Progesteron.
Da unser Körper aber eigentlich noch in der Steinzeit funktioniert, ist Stress das, was man früher als Flucht oder Kampfreaktion kannte.
Und genau diese Hormone, diese Botenstoffe brauchen wir, denn sie sind dafür verantwortlich, dass unter anderem das Herz schneller schlägt, mehr Blut durch den Körper gepumpt und damit die Muskulatur besser versorgt wird. Es wird mehr „Zucker“ im Blut zur Verfügung gestellt, der Blutdruck steigt, die Verdauung streikt….
Die Atemwege werden erweitert, damit man auf der Flucht mehr Luft bekommt und die Pupillen werden größer, um besser sehen zu können. Die Reaktionsfähigkeit steigt, also alles Dinge, die wir gut brauchen können, wenn ein Säbelzahntiger oder Grizzlybär unseren Weg kreuzen.
Ist nun dieser Sympathikus (Stressreaktion) aktiv, dann ist der Parasympathikus (Entspannungsmodus) inaktiv und das bedeutet, dass andere, nicht ganz so dringend gebrauchte Körperfunktionen, heruntergeschraubt werden.
Diese kurzfristigen Körperreaktion in Stress-Situationen war überlebensnotwendig. Sobald die stressige Situation vorbei war, der Säbelzahntiger also verschwunden und wir uns in Sicherheit wiegen konnten, wurden die Stresshormone wieder abgebaut und der Höhlenmensch konnte auf dem Bärenfell wieder zu Kräften kommen.
Heute gibt es kaum noch Säbelzahntiger. Dummerweise reagiert unser Überlebenssystem aber auch schon auf Kleinigkeiten wie furchtsame Gedanken, Nachrichten und Horrorfilme.
Auch diese "Banalitäten" können das Überlebenssystem triggern, so ist z.B. der früher angstmachende Gedanke „Ist der Säbelzahntiger noch da?“ heute der angstbesetzte Gedanke „Der Chef hat mir schon wieder eine email geschrieben“, der nervige Nachbar macht schon wieder Lärm, schon wieder Stau, Bahn schon wieder verspätet, Auto kaputt, etc.
Eigentlich wird bei einer Gefahrenmeldung gleichzeitig eine Rückkopplung in Gang gesetzt: „Kenne ich so eine Situation, habe ich das schon mal erlebt, kann ich auf Erfahrungswerte zur Lösung zurückgreifen?“ Wenn ja, kann das Warnsystem entspannen und umschalten.
Sind wir aber durch Dauerstress überreizt und überlastet, so tendiert dieses Zentrum dazu, den Gefahrenfokus noch schärfer zu stellen und bei vermeintlicher Gefahr noch schneller anzuspringen. So werden Kleinigkeiten plötzlich als möglicherweise belastend und gefährlich eingestuft, weil man bereits mit dem Rücken zur Wand steht.
Irgendwann ist dann eine Entwarnung, und die nötige Entspannung, gar nicht mehr möglich. Das heißt, die hormonelle Stresskaskade, der Säbelzahntiger-Grizzlybär-Überlebens-Reflex, wird dauerhaft in Gang gesetzt.
Wir können nicht mehr entspannen und statt dessen stauen wir diese zur Gefahrenabwehr mobilisierten Energien in uns auf.
Gleichzeitig stürzt unser Hormonsystem in den Abgrund (Sexualhormone, Schilddrüse, Insulinverarbeitung).
Wenn wir also keinen Ausgleich und keine notwendige Entspannung für unser hochgefahrenes Stresssystem mehr erfahren, stauen sich diese immer weiter auf und der fehlende physische und emotionale Ausgleich endet im Zusammenbruch dieses Systems.
Rechtzeitig gegensteuern wäre eigentlich sinnvoll. Dazu müssten aber vor allem wir Frauen meines Erachtens mehr über dieses System erfahren um nicht erst zu reagieren, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Prävention für hormonelle Stressentgleisung - ganzheitliche Hormonbalance und gleichzeitige Aufklärung - sind so unendlich wichtig.
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